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Samstag, 20. April 2024   
Publius Vergilius Maro, Aeneis. Buch II, Teil 3

Publius Vergilius Maro, Aeneis. Liber secundus

(lateinischer Text hier)

(Fortsetzung)

Zuerst zeigt sich uns von den Danaern Androgeos, während er von einer großen Schar begleitet wird, und, unwissend an verbündete Heereszüge glaubend, ruft er mit befreundeten Worten herüber: „Beeilt euch, Männer! Denn was verweilt ihr in später Trägheit? Die anderen rauben und plündern das brennende Pergamon: Ihr geht jetzt zuerst von den hochragenden Schiffen?“ Das sagte er und augenblicklich (sie gaben nämlich nicht genug zuverlässige Antworten) bemerkte er, dass er mitten in die Feinde gefallen war. Und er erstarrte mit der Stimme und drängte den Fuß zurück. Wie wer im rauen Dornstrauch eine unvorhergesehene Schlange drückt, sich auf dem Boden stützend und unruhig kriechend zurückweicht, die den Zorn aufrichtend und den blauen Hals anschwillt, nicht anders ging Androgeos erschüttert weg bei dem Anblick. Und wir stürzen hinein dicht umgeben mit Waffen, und strecken die des Ortes Unkundigen und von Furcht Erfassten weit und breit nieder; das Glück ist hold für die erste Mühe. Und hier sagte Coroebus mit dem Erfolg und Mut jubelnd: „O Gefährten, dem Weg zum Heil lasst uns folgen, durch das Geschick zuerst gezeigt und durch das er sich als glückbringend erweist: Lasst uns die Rundschilder wechseln und uns den Kennzeichen der Danaer anpassen. List oder Tapferkeit, wer bei den Feinden prüft es? Sie gaben selbst die Waffen.“ So sprach er und dann legt er den mit Haaren versehenen Lederhelm des Androgeos und das Kennzeichen der Schönheit des Schildes an und passt das argivische Langschwert an die Seite. Dies machen Rhipeus, selbst Dymas und alle Jünglinge fröhlich: Jeder bewaffnet sich mit der neuen Rüstung. Wir gehen gemischt mit den Griechen, nicht mit dem Schutz unserer Götter, und zusammengekommen reihen wir viele Kämpfe aneinander in der dunklen Nacht, viele der Danaer lassen wir zum Orkus hinab. Andere entschwinden zu den Schiffen und streben zum zuverlässigen Ufer; ein Teil steigt mit schändlicher Furcht rückwärts in das ungeheure Pferd und versteckt sich im bekannten Bauch.

Ach, kein Schicksal vertraute irgendetwas den widerwilligen Göttern! Siehe, da wird am ausgebreiteten Haar die Jungfrau Kassandra, gezogen vom Tempel und den Altären der Minerva, die brennenden Augen vergeblich zum Himmel gewendet, die Augen, denn die Fesseln halten die zarten Hände. Coroebus trug dieses Aussehen nicht und nachdem der Verstand in Raserei gesetzt wurde, warf er sich im Begriff zugrunde zu gehen mitten in den Heereszug; wir alle folgen und laufen in das dichte Kriegsgerät. Hier werden wir zuerst überschüttet von dem hohen Dach des Tempels Geschosse der unseren und es erhebt sich ein sehr unglückliches Gemetzel durch das Aussehen der griechischen Waffen und den Irrtum der Mähnen. Dann mit Stöhnen und durch Zorn über die entrissene Jungfrau greifen die ringsum gesammelten Griechen an. Am heftigsten Aiax und die Atridenzwillinge und alle Heerscharen der Doloper: Wie manchmal, nachdem ein Wirbel ausgebrochen ist, die entgegengesetzten Winde zusammenstoßen, der Westwind und der Südwind und der durch die morgendlichen Pferde fröhliche Ostwind; die Wälder zischen und Nereus wütet schäumend mit dem Dreizack und bewegt das Meer von tiefem Grund aus. Jene auch, wenn wir irgendwelche in dunkler Nacht durch die Dunkelheit mit List niedergestreckt haben und durch die ganze Stadt getrieben haben, zeigen sich; die Ersten erkennen die Rundschilde und lügenden Waffen und bemerken die hinsichtlich des Klanges uneinigen Münder. Sogleich werden wir von einer Schar überschüttet und Coroebus fällt als erster durch den rechten Arm des Peneleos am Altar der waffenmächtigen Göttin; auch Rhipeus fällt, der Allergerechteste, der bei den Teukrern war und der am meisten bewahrte die Gerechtigkeit (den Göttern erschien es anders); sowohl Hypanis als auch Dymas gehen von Kameraden durchbohrt zugrunde; weder deine zahlreiche Frömmigkeit, Panthos, noch die Binde Apollos schützten dich, während du fielst. Illions Asche und die äußerste Flamme der meinen, ich rufe euch als Zeugen, dass ich bei eurem Untergang weder die Geschosse noch irgendwelche Wechselfälle vermieden habe und, wenn es das Schicksal gewesen wäre, zu sterben, ich es durch die Hand der Danaer verdient habe. Wir wurden von dort auseinander gerissen, Iphitus und Pelias mit mir (von denen Iphitus durch das Alter schon schwer, Pelias auch langsam durch die Wunde des Odysseus), mit Geschrei gerufen vorwärts zum Sitz des Priamus. Hier aber sehen wir einen ungeheuerlichen Kampf, als ob nirgends andere Kriege seien, als ob keiner in der ganzen Stadt sterben würde, so sehen wir den ungezähmten Mars und die Danaer bei den eingestürzten Dächern und die mit einem betriebenen Schilddach belagerte Schwelle. Eine Leiter hängt an den Wänden und sie stützen sich auf den Stufen von unten bis zur Tür selbst, sie halten beschützt die Schilde mit der Linken gegen die Waffen, sie ergreifen die Dächer mit den rechten Händen. Die Dardaniden hingegen reißen die Türme nieder und die höchsten Stellen der Häuser; durch diese Geschosse, wann sie das Außerste sehen, sind sie bereit, sich schon am äußersten Tode zu verteidigen und die vergoldeten Balken, den hohen Schmuck der alten Ahnen, wälzen sie herab; andere besetzen mit gezückten Schwertern und bewahren mit dichter Schlachtreihe diese Tür. Die Gemüter wurden wiederaufgerichtet, den Dächern des Königs zu Hilfe zu eilen und den Männern Hilfe zu bringen und den Besiegten Kraft zu geben.

Es gab eine Schwelle und eine geheime Tür und einen gangbaren Durchgang zwischen den Dächern des Priamos, und die Pfosten sind schon vom Rücken zurückgelassen, durch die sich die unglückliche Andromache, während das Reich noch bestand, häufiger unbegleitet zu tragen pflegte zu den Gefährten und zum Großvater den Jungen Astyanax zog. Ich gehe heraus zum Giebel des höchsten Punktes, woher die armen Teukrer Geschosse mit ungültiger Hand warfen. Den abschüssig stehenden Turm, der unter den Sternen von den höchsten Dächern herausgeführt ist, woher man gewohnt war ganz Troja und die Schiffe der Danaer und das Achaierlager zu sehen, griffen wir ringsum mit Eisen an, wo die höchsten Gerüste wankende Verbindungen gaben, erschüttern wir und bewegen ihn aus dem hohen Sitz; dieser vollzieht hinabgleitend plötzlich mit einem Knall den Sturz und gerät überdies weit in die Heereszüge der Danaer. Dann gehen andere heran und weder Felsen noch irgendeine Art Geschoss zögern inzwischen. Vor dem Flur selbst und zuerst auf der Schwelle jubelt der schimmernde Pyrrhus im Licht mit Waffen aus Bronze: So wie die kleine Schlange, sobald sie genährt von bösem Gras im Licht ist, unter der kalten Erde anschwellend, am kürzesten Tag bedeckt war, jetzt, mit abgezogener Haut die neue, nette Jugend, den schlüpfrigen Rücken zusammenrollt und sich mit dem Leib steil zur Sonne erhebt und mit der dreispitzigen Zunge im Gesicht zuckt. Zusammen rücken der ungeheure Periphas und der Lenker der Pferde des Achilles, der bewaffnete Automedon, zusammen rücken alle Männer des Skyros an das Haus und schleudern Flammen auf den höchsten Punkt. Unter den ersten selbst durchbricht er mit der ergriffenen Doppelaxt die harte Schwelle und bricht die ehernen Pfosten von der Türangel; und schon hat er die harten Eichenstämme durch einen herabgefallenen langen Balken ausgehöhlt und durch die weite Wand geht ein ungeheures Fenster. Das Haus ist von drinnen eröffnet und die lange Halle öffnet sich; sie öffnen das Innere des alten Königspalastes des Priamos und sehen zuerst die Bewaffneten, die auf der Schwelle standen. Aber das innere Haus wird gemischt mit armem Seufzen und Lärm, tief hinein heulen die umhüllenden Häuser mit weiblichem Wehklagen; es schlägt Geschrei zu den goldenen Sternbildern. Dann irren zitternde Mütter durch das ungeheure Haus und halten die Pfosten umarmend und heften ihnen Küsse an. Pyrrhos dringt herein mit väterlicher Kraft; weder die Riegel noch die Wächter selbst vermögen standzuhalten; die Tür wankt durch den häufigen Widder und aus der Türangel herausgeschafft werfen sich die Pfosten nieder. Durch Kraft entsteht der Weg; die Griechen brechen den Zugang und schlachten hineingeschickt die ersten ab und füllen weithin den Raum mit Soldaten. So wich nicht der schäumende Strom aus, nachdem die Dämme zerbrochen wurden und er besiegte mit dem Strudel die dagegen gesetzte Masse, und der Wütende wird wie mit einem Schwall in das Ackerland getragen und zieht durch die Felder das ganze Vieh mit den Ställen fort.

Ich selbst sah den mit Mord rasenden Neoptolemos und die Zwillings-Atriden auf der Schwelle, ich sah Hecuba und hundert Schwiegertöchter und Priamus durch die mit Blut verunstalteten Altäre, die er selbst mit Feuer geweiht hatte. Jene fünfzig Gemächer, die so große Hoffnung auf die Enkel, die Pfosten mit fremdem Gold und stolzer Beute lagen hingestreckt; die Danaer halten, wo das Feuer fehlt.

Vielleicht verlangst du auch, was die Schicksale des Priamus gewesen waren. Er sah den Fall der eroberten Stadt und die niedergerissenen Schwellen des Hauses und den Feind in der inneren Mitte, der Alte legte lange mit zitterndem Alter die entwöhnten Waffen vergeblich um die Schultern und gürtete das nutzlose Schwert, und stürzt todgeweiht in die Dichte der Feinde. Mitten im Tempel und unter der freien Achse des Äthers war ein ungeheurer Altar und sehr alt daneben ein sich auf den Altar legender Lorbeerbaum und auch ein die Penaten umschlingender Schatten. Hier saßen Hecuba und die Töchter vergeblich um den Altar, so wie abstürzende Tauben bei grauenvollem Unwetter, dicht gedrängt und die Götterabbilder umarmend. Wie sie jedoch Priamus selbst sah, nachdem er die jugendlichen Waffen angelegt hatte, sagte sie: „Welcher so unglückverkündende Gedanke, ärmster Ehegatte, veranlasste, dich mit diesen Waffen zu umgürten? Oder wohin stürzt du? Die Zeit braucht nicht solche Hilfe und nicht solche Verteidiger; nicht, wenn selbst mein Hector jetzt hier wäre. Tritt endlich her; dieser Altar wird alle beschützen, oder du wirst zugleich sterben.“ Mit dem Mund so sagend zog sie den Hochbetagten zu sich und setzte ihn an den heiligen Sitz.

Siehe jedoch da flieht Polites, einer der Söhne des Priamus, entkommen dem Gemetzel des Pyrrhus, durch Waffen, durch Feinde durch die langen Hallen und durchwandert verwundet die leeren Hallen. Pyrrhus verfolgt jenen durch die feindliche Wunde brennenden, und jeden Augenblick hält er ihn mit der Hand und bedrängt ihn mit der Lanze. Sobald er entronnen war vor die Augen und Gesichter der Eltern, fiel er um und vergoss mit viel Blut das Leben. Hier hielt sich Priamus, obwohl er sich schon in der Mitte des Todes befindet, dennoch nicht zurück und schonte nicht die Stimme und den Zorn: „Die Götter mögen dir für das Verbrechen“, schrie er, „für solche Wagnisse, wenn es im Himmel irgendeine Frömmigkeit gibt, die sich um solches kümmert, würdigen Dank verleihen und verdienten Lohn geben. Der du gemacht hast, dass ich den Tod des Sohnes genau sehe und das väterliche Gesicht durch das Leichenbegängnis verunstaltet hast. Und nicht war jener Achill, von dem du abzustammen vorgibst, dem Feind Priamos so beschaffen; sondern er errötete um Recht und Vertrauen demütig bittend und den blutlosen Körper des Hectors gab er mir für das Grab und schickte mich in mein Reich zurück.“ So gesprochen warf der Greis das unkriegerische Geschoss und ohne zu treffen, das vorwärts durch das heisere Erz zurückgetrieben wurde und vergeblich vom höchsten Schildbuckel des Schildes herabhing. Dieser Pyrrhus sagte: „Du wirst also dies dem Erzeuger des Peliden berichten und als Bote gehen. Denke daran, jenem von meinen traurigen Taten und vom entarteten Neoptolemos zu erzählen. Jetzt stirb.“ Dies sagend zog er den Zitternden und in viel vergossenem Blut Ausgleitenden zum Brandaltar selbst, und wickelte das Haar mit der Linken, und hob mit der Rechten das schimmernde Schwert und stieß es mit einem Handgriff genau in die Seite. Dies war das Ende der Schicksale des Priamos, hier brachte er jenem den Tod mit dem Geschick, dass er das entzündete Troja und das stürzende Pergamon sah, der einst so stolzer Herrscher viele Völker und Länder Asiens war. Ein riesiger Rumpf liegt an der Küste und abgerissen der Kopf von den Schultern und ohne Namen der Körper.

Mich jedoch umrang dann zuerst ein wilder Schauer. Ich erstarrte; ein Abbild des geliebten Vaters kam hervor, sobald ich den gleichaltrigen König mit der grausamen Wunde das Leben aushauchend sah, die verlassene Creusa kam hervor und sowohl das geplünderte Haus als auch der Fall des kleinen Iulius. Ich schaue zurück und mustere die Truppen, die um mich herum sind. Alle haben sie erschöpft mich verlassen und die Körper im Waldtal auf die Erde gesetzt oder mit Feuer die Kranken versehen.

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