Latein-Online
Samstag, 20. April 2024   
Sallust - De coniuratione Catalinae

Gaius Sallustius Crispus, De coniuratione Catilinae (1-15)

(lateinischer Text hier)

[01] Alle Menschen, die sich darum bemühen, den übrigen Lebewesen voranzustehen, sollten sich mit höchster Kraft anstrengen, dass sie ihr Leben nicht mit Schweigen verbringen, wie die Tiere, die von Natur aus vorwärts geneigt und dem Bauch folgsam geschaffen sind. All unsere Kraft aber ist im Geist und im Körper gelegen: Wir nutzen eher die Herrschaft des Geistes und die Dienerschaft des Körpers; das eine ist uns gemeinsam mit den Göttern, das andere mit den Tieren. Dadurch scheint es mir richtiger zu sein, mit dem Geistigen als mit den Körperkräften nach Ruhm zu suchen und, weil ja das Leben selbst kurz ist, welches wir genießen, eine möglichst lange Erinnerung der Unseren bewirken; denn der Ruhm des Reichtums und der Schönheit vergänglich und zerbrechlich, Tapferkeit wird für berühmt und ewig gehalten.
Aber lange gab es einen großen Streit unter den Sterblichen, ob die militärische Angelegenheit eher den Verdienst des Körpers oder des Geistes voranbringt. Denn es ist sowohl, bevor man beginnt, ein Plan, als auch, sobald er beschlossen worden sein wird, eine taugliche Handlung nötig. So sind beide für sich bedürftig und das eine braucht die Hilfe des anderen.
[02] Also schulten am Anfang die verschiedenen Könige – denn das war auf der Erde am Anfang der Name der Herrscher – ein Teil den Geist, die anderen den Körper. Auch wurde damals das Leben der Menschen ohne Begierde betrieben; jedem gefiel sein eigenes genug. Später aber, als in Asien Kyros, in Griechenland die Spartaner und Athener begannen, Städte und Völker zu unterwerfen, Begierde des Herrschens für einen Kriegsgrund zu halten und den größten Ruhm in der größten Macht zu glauben, da wurde schließlich durch die Gefahr und die Aufgaben bekannt, dass die geistigen Fähigkeiten im Krieg am meisten können. Wenn die geistige Tugend der Könige und Feldherren im Frieden so stark wie im Krieg wäre, würden die menschlichen Angelegenheiten sich gerechter und beständiger verhalten und man sähe weder, dass das eine dem anderen gebracht werde, noch dass sich alles verändert und vermischt. Denn die Herrschaft wird leicht mit diesen Künsten erhalten, mit denen sie zu Beginn erzeugt wurde; sobald aber Untätigkeit für Anstrengung, Begierde und Übermut für Selbstbeherrschung und Gelassenheit eingedrungen sind, verändert sich das Schicksal zugleich mit den Sitten. So wird die Herrschaft immer vom weniger Guten auf den Besten übertragen.
Alles, was die Menschen pflügen, besegeln und bauen, verdanken sie der Tugend. Aber viele Sterbliche, dem Bauch und Schlaf ergeben, durchschreiten das Leben ungebildet und unkultiviert wie Reisende; diesen dient tatsächlich gegen die Natur der Körper der Lust, der Geist dient der Last. Ich schätze das Leben derer gleich dem Tode ein, da über beides geschwiegen wird. Denn wirklich scheint mir aber derjenige schließlich zu leben und das Leben zu genießen, der mit irgendeiner Aufgabe beschäftigt den Ruhm der hochberühmten Tat oder die Güter der Künste sucht.
Aber in der großen Menge der Dinge zeigte die Natur jedem einen anderen Weg.
[03] Es ist schön, für den Staat gut zu handeln, es ist auch nicht schlecht, gut zu reden; es ist erlaubt, entweder im Frieden oder im Krieg berühmt zu werden; sowohl diejenigen, die Gutes getan haben als auch die, die die Taten anderer aufgeschrieben haben, werden sehr gelobt. Und mir erscheint es, obwohl der gleiche Ruhm keineswegs dem Schriftsteller und dem Urheber der Dinge folgt, besonders schwierig, Taten zu beschreiben: Zuerst muss das Gesagte, was gemacht worden ist, gleichgesetzt werden, von hier aus, weil die meisten glauben, dass man genannte Vergehen aus Böswilligkeit oder Neid tadelt, sobald man die große Tugend und den Ruhm der Guten erwähnt, glaubt jeder dies für sich selbst leicht zu tun, nimmt es mit Gelassenheit und führt über dieses hinaus wie Erdachtes für Falsches.
Zu Beginn als ich ein junger Mann war, ging ich, so wie die meisten, mit Eifer in die Politik, dort gab es aber viele gegen mich gerichtete Dinge. Denn an Stelle von Scham, Genügsamkeit und Tugend waren Frechheit, Bestechlichkeit und Habgier vorherrschend. Obgleich der Geist diese Dinge abwehrte, weil ich diese üblen Künste nicht gewohnt war, wurde dennoch das schwache Alter zwischen so großen Mängeln mit einem verdorbenen Ehrgeiz festgehalten; und mich, der ich mit den schlechten Sitten der Übrigen nicht übereinstimmte, quälte nichtsdestoweniger derselbe Wunsch nach Ehre wie die Übrigen der Ruf und der Neid.
[04] Sobald sich also der Geist von den vielen Übeln und Gefahren ausruhte und ich mich entschied, das übrige Leben fern vom Staatsdienst zu verbringen, war es nicht der Entschluss, die gute Mußezeit mit Geistesschwäche und Untätigkeit zu vergeuden und freilich nicht mit Ackerbau und Jagd, mit Aufgaben für Sklaven eifrig die Zeit zu verbringen; sondern beschloss ich, zu demselben Vorhaben und Eifer, von dem mich der schlechte Ehrgeiz abgehalten hat, zurückzukehren, die Taten des Römischen Volkes stückweise, wie jede Erinnerung würdig schien, genau niederzuschreiben, umso mehr, weil mein Geist von Hoffnung, Furcht und den Parteien des Staates frei war.
Also will ich über die Verschwörung Catilinas möglichst wahr mit so wenigen Worten wie ich kann vollenden; denn diese Tat halte ich für besonders denkwürdig durch die Neuheit des Verbrechens und der Gefahr. Über den Charakter dieses Menschen muss zuerst einiges genannt werden, bevor ich den Beginn des Erzählens mache.
[05] Lucius Catilina, von edler Herkunft, war von großer Kraft des Geistes und des Körpers, aber von einem schlechten und bösen Charakter. Diesem waren vom Jugendalter an Bürgerkriege, Mode, Räubereien und Zwietracht unter den Bürgern willkommen und darin übte er seine Jugend. Sein Körper duldete mehr Hunger, Kälte und Wachsein als für ihn glaubwürdig ist. Der Geist war waghalsig, hinterlistig und mannigfaltig, ein Täuscher und Verleugner dieser Sache, er strebte Fremdes an und sein Eigenes verschwendete er, brennend in Begierden; genug der Beredsamkeit, zu wenig der Weisheit. Der unermessliche Geist begehrte immer das Maßlose, Unglaubliche und allzu Hohe. Nach der Herrschaft des Lucius Sulla drang die höchste Begierde in ihn, sich des Staates zu bemächtigen und dieses nicht mit dieser Art und Weise zu erreichen, indem er irgendetwas abgewägt hatte, wenn er sich nur die Herrschaft bereite. Der wilde Geist wurde von Tag zu Tag mehr und mehr angetrieben durch den Mangel an Vermögen und dem Wissen um die Verbrechen, die er beide durch die Künste vergrößert hatte, die ich oben schon erwähnt habe. Außerdem entflammten ihn die verdorbenen Sitten der Bürgerschaft, die schlimmsten und untereinander verschiedenen Übel verwüsteten, Prunksucht und Gier.
Die Sache selbst scheint dazu aufzufordern, weil die Zeit an die Sitten der Bürgerschaft erinnerte, darüber hinaus zu wiederholen und mit wenigen Worten die Einrichtungen der Vorfahren zu Hause und im Kriegsdienst zu erörtern, auf welche Weise sie den Staat innehatten und einen wie großen sie zurückließen, wie er allmählich verändert vom schönsten (und besten) zum schlechtesten und schändlichsten gemacht worden ist.
[06] Die Stadt Rom haben, so wie ich es erfahren habe, am Anfang die Trojaner gegründet und besessen, die unter der Führung des Aeneas flüchtig mit unsicheren Wohnsitzen umherstreiften und mit ihnen Ureinwohner, ein Volk aus bäuerlichen Menschen, ohne Gesetze, ohne Herrschaft, frei und ungebunden. Nachdem diese innerhalb einer Mauer zusammengekommen waren, von verschiedener Abstammung, unterschiedlicher Sprache und jeder nach einer anderen Sitte lebend, ist es unglaublich zu erwähnen wie leicht sie zusammenwuchsen; so wurde in Kürze aus der der verschiedenen und umherschweifenden Menge durch Eintracht eine Bürgerschaft. Aber nachdem das Vermögen derer an Bürgern, Sitten und Äckern vergrößert genug wohlhabend und genug stark schien, wie es sich bei den meisten der Menschen verhält, entstand Neid aus dem Reichtum. Also erprobten die benachbarten Könige und Völker sie im Krieg wenige von den Freunden kamen zur Hilfe; denn die Übrigen blieben erschüttert aus Furcht vor den Gefahren fern. Die Römer aber waren im Frieden und im Krieg eifrig beschäftigt, beeilten sich, bereiteten vor, der eine ermahnte den anderen traten den Feinden entgegen und beschützten Freiheit, Heimat und Eltern mit Waffen. Nachdem sie die Gefahren mit Tüchtigkeit abgewendet hatten, brachten sie den Verbündeten und Freunden Hilfe und indem sie mehr Wohltaten gaben als annahmen bereiteten sie sich Freundschaften. Sie hatten eine rechtmäßige Herrschaft, der Name der Herrschaft was der des Königreiches. Ausgewählte, von denen der Körper durch die Jahre schwach, der Geist und die Weisheit stark, kümmerten sich um den Staat: diese wurden entweder wegen des Alters oder wegen der Ähnlichkeit der Sorge Väter genannt. Später, als sich das Königreich, dass zu Beginn zur Bewahrung der Freiheit und zur Vergrößerung des Staates existierte, in eine hochmütige Herrschaft umgewandelt hatte, wählten sie nach einer Veränderung der Sitte jährlich Oberbeamte und je zwei Herrscher: Auf diese Weise glaubten sie, dass der menschliche Geist am wenigsten durch Zügellosigkeit übermütig werden könne.
[07] Aber zu dieser Zeit begann jeder sich mehr hervorzuheben und die Begabung mehr öffentlich zu halten. Denn den Königen sind Gute verdächtiger als Schlechte und für diese ist die Tugend bei Anderen immer furchterregend. Aber es ist unglaublich zu erwähnen, wie sehr die Bürgerschaft in kürze durch die erlangte Freiheit wuchs: So eine große Begierde nach Ruhm war aufgekommen. Zuerst lernten schon die jungen Männer, die zugleich auch kriegsfähig waren, in Lagern durch die Arbeit und die Praxis des Militärs, und sie hatten mehr Lust an glänzenden Waffen und Kriegspferden als an Huren und Gelagen. Also war den so beschaffenen Männern die Arbeit nicht ungewohnt, kein Ort rauh oder steil, und der bewaffnete Feind nicht furchterregend: Die Tugend hatte alles unterworfen. Aber der größte Kampf nach Ruhm war unter ihnen selbst: Jeder beeilte sich den Feind zu erschlagen, die Mauer zu erklimmen und gesehen zu werden, während er so eine Tat gemacht hatte; dieses hielten sie für Reichtum, das für guten Ruf und große Berühmtheit. Begierig nach Lob waren sie freigiebig mit Geld; sie wollten ungeheuren Ruhm, Reichtum und Ehren. Ich kann mich an diesen Stellen erinnern, wie das Römische Volk mit einer kleinen Schar eine große Truppe des Feindes geschlagen hat, wie es von der Natur befestigte Städte durch Kämpfe einnahm, wenn uns diese Dinge nicht zu weit vom Vorhaben abbringen würden.
[08] Aber in der Tat herrscht das Schicksal in jeder Sache; dieses erhellt und verdunkelt alle Dinge aus einer Laune heraus mehr als aus der Wahrheit. Die Taten der Athener, wie ich meine, waren groß und prächtig genug, aber dennoch beträchtlich geringer als der Ruf gewesen ist. Aber weil dort ein großes Talent der Schreiber gedieh, werden die Taten der Athener über den ganzen Erdkreis hinweg als die größten gefeiert. So waren die derer, die so große Tugend hatten, wie die hochberühmten Geister sie mit Worten in die Höhe heben konnten. Aber dem Römischen Volk war niemals diese Menge, weil jeder Klügste am meisten beschäftigt war: Niemand trainierte den Geist ohne den Körper; jeder Beste wollte lieber handeln als reden und dass ihre eigenen Taten von anderen gut gelobt werden als das sie selbst die Taten anderer erzählen.
[09] Also wurden zu Hause und im Krieg die guten Sitten gepflegt; Es gab sehr große Eintracht und sehr wenig Habgier; das Recht und das Gute war bei diesen nicht mehr durch Gesetze als durch die Natur stark. Wortwechsel, Zwietracht und Eifersucht übten sie mit den Feinden, die Bürger kämpften mit den Bürgern über die Tugend. Bei Götterfesten waren sie großartig, zu Hause sparsam, Freunden gegenüber treu. Durch diese zwei Künste, durch Kühnheit im Krieg, und durch Gerechtigkeit sobald Frieden eingetreten war, sorgten sie für sich und den Staat. Ich habe dieses als größten Beweis dieser Dinge, dass im Krieg öfter gegen die gerichtlich vorgegangen werden musste, die gegen den Befehl gegen den Feind gekämpft haben und die zu langsam, obwohl sie aus der Schlacht zurückgerufen worden sind, weggingen als diejenigen, die gewagt hatten, die Zeichen zu verlassen oder geschlagen vom Platz zu weichen; im Frieden aber betrieben sie die Herrschaft mit Wohltaten als mit Furcht und ein empfangenes Unrecht wollten sie lieber verzeihen als verfolgen.
[10] Aber sobald der Staat durch Arbeit und Gerechtigkeit gewachsen war, große Könige im Krieg bezwungen worden sind, wilde Völker und ungeheure Völker mit Kraft unterworfen worden sind, Karthago, die Rivalin des Römischen Reiches, von der Wurzel untergegangen war, alle Meere und Länder offen standen, begann das Schicksal zu wüten und alles in Unordnung zu versetzen. Diejenigen, die Mühen, Gefahren und zweifelhafte und raue Situationen leicht ertragen hatten, denen sind Muße und Reichtum, die andere erhofften, zu Last und Unglück geworden. Also wuchs zuerst die Gier nach Geld, danach nach Herrschaft: Das war gleichsam der Nährstoff allen Übels. Denn die Habgier stürzte die Treue, die Rechtschaffenheit und die übrigen guten Künste; für diese lehrten sie Hochmut, Grausamkeit, die Götter zu vernachlässigen und alles Käufliche zu haben. Der Ehrgeiz zwang viele Menschen falsch zu werden, das eine verschlossen im Herzen, das andere bereit auf der Zunge zu haben, Freund- und Feindschaften nicht aus der Sache, sondern aus dem Vorteil einzuschätzen, und mehr eine gute Miene als einen guten Geist zu haben. Diese Dinge sind allmählich gewachsen, bisweilen wurden sie bestraft; danach, sobald der schlechte Einfluss wie eine Pest einbrach, wurde die Bürgerschaft verändert, die Herrschaft wurde von der gerechtesten und besten zu einer grausamen und unerträglichen gemacht.
[11] Aber zuerst forderte mehr der Ehrgeiz als die Habgier die Herzen der Menschen heraus, was dennoch dem Fehler näher als der Tugend war; denn Ruhm, Ehre und Herrschaft wünschte sich der Gute und der Untätige gleichermaßen herbei, aber jener stützte sich auf den wahren Weg, dieser, weil die guten Fähigkeiten fehlten, kämpft mit List und Täuschungen. Die Habgier beinhaltet den Eifer nach Geld, das der Weise niemals begehrt: Gleichwie mit einem bösen Gift erfüllt verweichlicht es den Körper und den männlichen Geist, ist immer grenzenlos und unersättlich und wird weder durch die Menge noch durch den Mangel vermindert. Aber nachdem Lucius Sulla, als er den Staat mit Waffen aufgenommen hatte, nach guten Anfängen ein böses Ende hatte, plünderten alle und schleppten Dinge fort, der wünschte sich ein Haus, der andere einen Acker, die Sieger hatten weder Maß noch Bescheidenheit und sie veranstalteten scheußliche und grausame Untaten mit den Bürgern. Hier hinzu kam, dass Lucius Sulla das Heer, das er in Asien geführt hatte, wodurch er es sich treu machen würde, gegen die Sitten der Vorfahren üppig und allzu frei gehalten hatte. Schöne und genussvolle Orte hatten in der Muße leicht die Herzen der wilden Soldaten erweicht: Dort gewöhnte sich das Heer des römischen Volkes zum ersten Mal zu lieben, zu saufen, Zeichen, gezeichnete Tafeln und mit Reliefarbeit verzierte Gefäße zu bewundern, diese privat und öffentlich zu rauben, Tempel zu plündern und alles heilige und ungeweihte zu besudeln. Also ließen diese Soldaten, nachdem sie den Sieg errungen hatten, den Besiegten nichts übrig. Denn schöne Dinge ermüden die Herzen der Weisen: nicht dass sich jene mit verdorbenen Sitten im Sieg mäßigen.
[12] Nachdem Reichtum begann zur Ehre zu gereichen und ihm Ruhm, Herrschaft und Macht folgten, begann die Tugend zu erlahmen, Armut für eine Schande gehalten zu werden und Unschuld für Übelwollen angeführt zu werden. Also drangen aus dem Reichtum Luxus und Habgier mit Übermut in die Jugend ein: sie raubten, verbrauchten, hielten das Eigene für gering, wünschten Fremdes und Anstand, Schamhaftigkeit, Göttliches und Menschliches vermischt hatten sie für nichts erachtet und sie mäßigten sich nicht. Es ist der Preis der Mühe, wenn du die Häuser und Villen kennst, die im Maß von Städten erbaut worden sind, die Tempel der Götter zu sehen, die unsere Vorfahren, die gläubigsten Sterblichen, gebaut haben. Aber jene schmückten die Tempel der Götter mit Frömmigkeit, ihre eigenen Häuser mit Rum und sie raubten den Besiegten nichts außer die Frechheit des Unrechts: Aber diese hingegen, sehr untätige Menschen, nehmen durch größtes Verbrechen alles von den Bundesgenossen, was sehr starke Männer den Siegern zurücklassen, als ob demnach Unrecht zu tun eben das gleiche sei wie eine Herrschaft zu nutzen.
[13] Ist denn dieses, was ich erwähne, für niemanden glaubwürdig, außer für die, die es gesehen haben, dass von mehreren Privatleuten Berge umgestürzt worden sind und das mehr zugeschüttet wurde? Der Reichtum schien mir für diese eine Spielerei gewesen zu sein: Freilich eilten sie, was erlaubt ist in Ehre zu halten, durch Schändlichkeit zu missbrauchen. Aber die Lust der Schande, Kneipen und übriger Lebensweise schritten nicht weniger einher: Die Männer benahmen sich weiblich, die Ehefrauen boten ihre Schamhaftigkeit feil; der Ernährung wegen erforschten sie alle Länder und Meere; sie schliefen bevor sie des Schlafes begierig waren, sie warteten nicht Hunger oder Durst, weder Kälte noch Müdigkeit ab, sondern nahmen dies in ihrem ganzen Luxus vorweg. Dies trieb die Jugend, sobald das familiäre Vermögen schwand, zu Untaten an: Ein mit schlechten Eigenschaften erfüllter Geist war nicht leicht frei von den Lüsten; umso unmäßiger war er auf jede Weise dem Erwerb und dem Aufwand ergeben.
[14] In einer so beschaffenen und so verdorbenen Bürgerschaft hatte Catilina, was sehr leicht zu tun war, Scharen aller Schandtäter und Verbrecher um sich wie Begleiter. Denn jeder Un-züchtige, Ehebrecher und Schlemmer, der durch die Hand, den Bauch und den Schwanz das gute Vaterland zerfleischt hatte, der große Schulden ansammele, womit er Verbrechen und Untaten loskaufte, außerdem von überall alle Familienmörder, Tempelräuber und vom Gericht überführte oder die, die das Urteil für ihre Taten fürchteten, zu diesen die, die die Hand oder die Zunge mit einem Meineid oder dem bürgerlichen Blut nährte, schließlich alle, die eine Schandtat, Armut und ein selbstbewusster Geist aufscheuchte, diese waren für Catilina die nächsten Vertrauten. Wenn nun jemand sogar von Schuld frei in die Freundschaft dessen hineingeriet, wurde er durch täglichen Umgang und die Lockungen den Übrigen gleich und ähnlich gemacht. Aber am meisten begehrte er junge Männer als Vertraute: Die weichen und auch vergänglichen Gemüter derer wurden nicht schwer mit List eingefangen. Denn wie der Eifer derer vom Alter her loderte, bot er den einen Huren, den anderen kaufte er Hunde und Pferde, schließlich schonte er weder Aufwand noch sein Maß, während jene ihm verantwortlich und treu waren. Ich weiß, dass es einige gab, die es so glaubten, dass die Jugendlichen, die Catilinas Haus regelmäßig besuchten, sich wenig ehrenvoll und schamhaft verhielten; aber dies mehr aus anderen Dingen als das jemandem dieses bekannt wird und diese Gerüchte stimmten.
[15] Schon im frühesten Jugendalter hatte Catilina schon viel unsägliche Schande betrieben, mit einer edlen Jungfrau, mit einer Priesterin der Vesta und anderes dieser Art gegen menschliches und göttliches Recht. Schließlich wurde er von der Liebe der Aurelia Orestilla ergriffen, an der außer der Schönheit niemand etwas Gutes lobte und weil diese zögerte jenen zu heiraten, da sie einen Stiefsohn im erwachsenen Alter fürchtete, wird es für sicher gehalten, dass, nachdem der Sohn getötet worden ist, er ein leeres Haus für die verbrecherische Hochzeit gemacht hat. Diese Sache jedenfalls scheint mir besonders ein Grund gewesen zu sein, die Untat zu beschleunigen; denn ein schmutziger Geist, den Göttern und Menschen feindselig, kann weder durch Wachen noch durch Erholung beruhigt werden: So verwüstet das Gewissen den aufgeregten Verstand. Also war der Lebensfaden blutlos, die Augen waren hässlich, der Gang war bald schnell, bald langsam: Der Wahnsinn war völlig im Gesicht und der Miene gewesen.

weiter...