Latein-Online
Dienstag, 19. März 2024   
Der Konjunktiv in Hauptsätzen

Der Konjunktiv in Hauptsätzen


Um den Konjunktiv sorge ich mich eigentlich erst, seit ich in einer Klausur eine 4 geschrieben habe, weil ich vergessen hatte, dass der Konjunktiv Imperfekt im Hauptsatz etwas mit dem Irrealis der Gegenwart zu tun hat...
Seitdem kümmere ich mich um den Konjunktiv, und ich fühle mich gut dabei (und die Klausuren sind auf einmal viel einfacher...).
Was lernen wir daraus? Um den Konjunktiv kommt man nicht herum, sei es im Deutschunterricht (ja, da auch!!!) oder eben in Latein.
Nebenbei gesagt hat jede Sprache, die etwas auf sich hält, etwas, das nach Konjunktiv aussieht - die Briten haben sich was Feines zum Thema If-Clauses ausgedacht, die Franzosen quälen die Schüler mit Si-Sätzen - da können wir es den ollen Römern nicht vorwerfen, wenn die sich auch sowas ausgedacht haben, nicht wahr???
Viel Glück beim Nachschlagen!

I. Konjunktiv als Modus des Wunsches

  1. Optativ

    1. erfüllbare Wünsche werden oft mit utinam (verneint: utinam ne) eingeleitet. Als Hilfe für die Übersetzung dienen „hoffentlich“, „mögen“, „ach wenn doch“ o.ä.
      Gegenwart:                    Konjunktiv Präsens
      Vergangenheit:              Konjunktiv Perfekt
      (selten)
      Beispiel: utinam propitia sis - hoffentlich bist du gnädig/ mögest du gnädig sein.
    2. unerfüllbare Wünsche werden immer mit utinam (utinam ne) eingeleitet.
      Gegenwart:                     Konjunktiv Imperfekt
      Vergangenheit:               Konjunktiv Plusquamperfekt
      Beispiel: utinam maneres - Bliebst du doch! (aber du bleibst ja nicht...)
                   Utinam mansisses - Wärst du doch geblieben!
  2. Eine Abart des Wunsches liegt vor, wenn eine Einräumung bezeichnet wird: Der Konzessivus (vergleiche Im Deutschen: „Möge kommen, was da wolle“). Das Verb steht hierbei gewöhnlich an der Spitze des Satzes, die Negation ne direkt vor dem Verb.
              Gegenwart:                     Konjunktiv Präsens
              Vergangenheit:               Konjunktiv Perfekt
    Beispiel: negaverit - mag er auch geleugnet haben
                 Divatur sane eiectus esse Catilina a me, dummodo eat in exilium - Man mag immerhin sagen, dass Catilina von mir vertrieben worden ist, solange er nur ins Exil geht!
 


II. Konjunktiv als Modus der Vorstellung

  1. Potentialis
    Die Aussage ist zwar als möglich gedacht, aber nur angenommen oder in Form einer gemilderten Behauptung ausgedrückt. Für die Zeitstufe der Gegenwart können sowohl Konjunktiv Präsens als auch Konjunktiv Perfekt stehen, in der Vergangenheit ist der Potentialis ganz selten. 
    Beispiel: quis hoc credat - wer möchte das glauben?
                 dixerit aliquis - es könnte einer sagen

  2. Irrealis (!!)
    Der Vorgang wird als unwirklich (in Folge einer nicht verwirklichten Bedingung vereitelt) hingestellt. Es steht wie im Deutschen für die Zeitstufe der
                 Gegenwart:                     Konjunktiv Imperfekt
                 Vergangenheit:               Konjunktiv Plusquamperfekt
    Beispiel: sine duce errares - ohne Führer gingest du in die Irre (aber du hast ja einen)
                 Quid vita hominum sine libris Ciceronis fuisset??? - Was wäre das Leben der Menschen ohne die Bücher Ciceros gewesen? (Aber zum Glück gibt's die)

 

III. Konjunktiv als Modus der Aufforderung

Die Negation der folgenden drei ist immer ne:

  1. Hortativ (hortari - ermahnen)
    Aufforderung an die 1. Pers. Pl. im Konjunktiv Präsens („Nikolausfall“: Lasst uns!)
    Beispiel: Eamus! - Lasst uns gehen!

  2. Iussiv (iubere - befehlen)
    Aufforderung an die 3. Pers. Sg. und Pl. im Konjunktiv Präsens
    Beispiel: Ne effugiant Daedalus Icarusque! - Daedalus und Icarus sollen nicht entkommen!

  3. Prohibitiv (prohibere - verhindern)
    Verbot an die 2. Pers. Sg. und Pl. im Konjunktiv Perfekt
    Beispiel: Ne dubitaveris - Zweifle nicht!
                 Ne commotus sis - Reg dich nicht auf!

  4. Als sehr häufige Abart des Konjunktivs der Aufforderung lässt sich der Deliberativ oder Dubitativ verstehen. Er besteht fast immer aus einer Frage, in der sich Überlegen oder Zweifel ausdrückt, meist eine Rückfrage auf eine vorangegangene Aufforderung. Die Übersetzung ist am besten mit „sollen“ zu leisten, die Negation ist non (!). Es steht für die Zeitstufe der
                Gegenwart:                  Konjunktiv Präsens
                Vergangenheit:            Konjunktiv Imperfekt
    Beispiel: Quid faciam? - Was soll ich tun?
                 Quid faceram? - Was hätte ich tun sollen?
                 Rogem te, ut venias? - Soll ich dich bitten, zu kommen?



© B. Uldall (Vielen Dank!!)