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Freitag, 26. April 2024   
Sallust - De coniuratione Catalinae

Gaius Sallustius Crispus, De coniuratione Catilinae (45-61)

(lateinischer Text hier)

[45] Nachdem diese Dinge so verhandelt und die Nacht beschlossen worden war, in der sie aufbrechen würden, befahl Cicero, der durch die Gesandten über alles unterrichtet war, den Praetoren Lucius Valerius Flaccus und Gaius Pomptinus, dass sie an der Mulvischen Brücke durch einen Hinterhalt die Allobroger und das Gefolge abfangen. Er eröffnete die ganze Sache, weswegen sie geschickt wurden; Im Übrigen erlaubt er ihnen so zu verfahren, wie es durch die Tat nötig sei. Jene besetzten, so wie es der Befehl war, als Soldaten heimlich die Brücke, ohne Lärm mit aufgestellten Wachposten. Nachdem die Gesandten zu diesem Punkt des Ortes mit Volturcius gekommen waren und sich zugleich auf beiden Geschrei erhob, ergaben sich die Gallier, nachdem der Plan schnell erkannt worden war, ohne Zögern den Praetoren; Volturcius forderte zunächst die Übrigen auf und verteidigte sich vor der Menge mit dem Schwert, dann, sobald er von den Gesandten verlassen war, bat er zuallererst Pomptinus um sein Leben, weil er ihm bekannt war, ergab sich aber schließlich ängstlich und am Leben zweifelnd den Praetoren wie Feinden.
[46] Nachdem diese Dinge beendet waren, wird alles schnell durch Boten dem Konsul gemeldet. Jenen aber befielen ungeheure Sorge und Freude zugleich. Denn er freute sich, weil er einsah, dass die Bürgerschaft, nachdem die Verschwörung aufgedeckt worden war, der Gefahr entrissen sei; ferner war er jedoch ängstlich, weil er zweifelte, was zu tun nötig sei, weil so große Bürger beim größten Verbrechen entdeckt worden waren: Er glaubte, dass ihm die Bestrafung derer eine Last werde, die Nichtbestrafung zum Untergang der Republik führe. Also befahl er mit bestärktem Mut Lentulus, Cethegus, Statilius und Gabinius zu sich zu rufen, ebenso Caeparius aus Terracina, der sich bereitete, nach Apulien zur Aufwiegelung der Sklaven aufzubrechen. Die Übrigen kamen ohne Verzögerung; Caeparius, der ein wenig vorher sein Haus verlassen hatte, war aus der Stadt geflohen, nachdem er von dem Anzeichen erfahren hatte. Der Konsul führt Lentulus, weil er Praetor war, selbst an der Hand haltend in den Senat, die Übrigen lässt er mit Wachen in den Tempel der Concordia kommen. Dorthin ruft er den Senat und führt Volturcius mit den Gesandten bei sehr großer Anzahl des Standes hinein; den Praetor Flaccus lässt er die Kapsel mit dem Schreiben, das er von den Gesandten empfangen hatte, ebendahin bringen.
[47] Volturcius wurde über seine Reise befragt, über das Schreiben, schließlich, was für Absichten oder warum er sie gehabt habe, zuerst erfand er anderes und täuschte über die Verschwörung; danach, sobald befohlen wurde, dass er mit öffentlichem Schutz reden solle, eröffnete er alles, wie es ausgeführt worden war und erklärte, dass er wenige Tage zuvor von Gabinius und Caeparius als Genosse angeworben wurde und nichts mehr wisse als Gesandten, er habe nur gewöhnlich von Gabinius gehört, dass Publius Autronius, Servius Sulla, Lucius Vargunteius und außerdem viele bei dieser Verschwörung seien. Die Gallier gestehen dasselbe und überführen den leugnenden Lentulus außer durch die Briefe durch Gespräche, die jener zu haben pflegte: Nach den sibyllinischen Büchern werde drei Corneliern die Alleinherrschaft in Rom prophezeiht; Cinna und Sulla seien vorher, er der dritte, der sich des Schicksals der Stadt bemächtigen werde; Außerdem sei jenes Jahr das zwanzigste seit dem Brand des Kapitols, das von Opferdeutern aus Vorzeichen oft geweissagt hätten, dass es durch Bürgerkrieg blutig sein werde. Also wurden die Briefe gemustert, als zuvor alle die eigenen Siegel erkannt hatten und der Senat beschließt, dass Lentulus von seinem Amt enthoben werde und ebenso die Übrigen in freier Haft gehalten werden. Daher wird Lentulus dem Publius Lentulus Spinther, der damals Aedil war, in Gewahrsam übergeben, Cethegus dem Quintus Cornificius, Statilius dem Gaius Caesar, Gabinius dem Marcus Crassus, Caeparius - denn dieser war kurz zuvor auf der Flucht aufgegriffen worden - dem Senator Gnaeus Terentius.
[48] Nachdem die Verschwörung enthüllt worden war, verfluchte das Volk, das zuerst aus Lust der neuen Sache allzu sehr den Krieg begünstigte, den Plan Catilinas, nachdem der Sinn geändert worden war und erhob Cicero zum Himmel: Wie aus der Sklaverei erretet handelte es aus Freude und Fröhlichkeit. Denn aus anderen Schandtaten des Krieges glaubte es mehr Beute als Schaden zu bekommen, hielt Brandstiftung für grausam, maßlos und für sich am unheilvollsten, weil nämlich das ganze Vermögen im täglichen Gebrauch und der Pflege war.
Am Tag danach wurde ein gewisser Lucius Tarquinius zum Senat geführt, dem man nachsagte, dass er zu Catilina unterwegs auf dem Weg aufgegriffen worden sei. Weil er sagte, dass er über die Verschwörung aussagen werde, wenn ihm die öffentliche Treue gegeben werde, wurde ihm vom Konsul befohlen, auszusprechen, was er wisse und er erklärte dem Senat fast dasselbe, was Volturcius über die vorbereiteten Brände, über die Ermordung der Gutgesinnten und über den Marsch der Feinde; außerdem, dass er von Marcus Crassus geschickt worden sei, der Catilina melden sollte, dass ihn nicht Lentulus und Cethegus und die anderen aus der Verschwörung gefangenen abschrecken sollen, und umso mehr eilen solle zur Stadt vorzurücken, damit er auch die Gemüter der anderen wiederherstelle und jene leichter aus der Gefahr entrissen werden würden. Aber sobald Tarquinius Crassus nannte, einen adligen Menschen von sehr großem Reichtum und höchstem Einfluss, rief man laut, dass der Beweis falsch sei und forderte, dass über diese Sache beraten werde, die einen, weil sie die Sache für unglaubwürdig hielten, ein Teil, obwohl sie es für wahr hielten, dennoch weil es besser schien, in einer solchen Zeit die so große Kraft des Mannes mehr zu mildern als aufzuscheuchen, die meisten, weil sie dem Crassus aus privaten Geschäften verpflichtet waren. Daher beschloss der Senat auf Ciceros fragen hin mehrheitlich, dass die Aussage des Tarquinius als falsch angesehen werden, legte ihn in Fesseln und ihm werde keine weitere Möglichkeit gemacht, wenn er nicht über den aussage, auf dessen Beschluss er eine so große Sache erlogen hätte. Es gab zu dieser Zeit welche, die glaubten, dass jene Aussage von Publius Autronius bewerkstelligt worden, damit er, nachdem Crassus genannt worden ist leichter durch die Gemeinsamkeit der Gefahr jene übrigen mit seinem Einfluss schützen würde; andere sagen, dass Tarquinius von Cicero geschickt worden ist, damit Crassus nicht nach seiner Sitte durch Patronatsübernahme der Schlechten die Republik verwirre. Crassus selbst habe ich später aussagen hören, dass jene Beleidigung ihm von Cicero angetan worden ist.
[49] Aber zur selben Zeit konnten Quintus Catulus und Gaius Piso Cicero weder durch Bitten noch durch ihr Ansehen noch durch Geld dazu bewegen, dass Gaius Caesar durch die Allobroger oder eine andere Anzeige falsch genannt werde. Denn beide übten mit jenem eine schwere Feindschaft: Piso wurde in einem Repetundenprozess wegen der ungerechten Hinrichtung eines Transpadaners bedrängt, Catulus war wegen der Bewerbung um das Pontifikat in Hass entbrannt, weil er im höchsten Alter, der größte Ehrenämter bekleidet hatte, vom jungen Caesar besiegt weggegangen war. Die Sache jedoch schien günstig, weil er privat durch außergewöhnliche Freigiebigkeit, öffentlich durch große Geschenke viel Geld schuldete. Aber als sie den Konsul zu einer so großen Schandtat nicht bewegen konnten, gingen sie selbst einzeln herum und erdachten, was sie von Volturcius oder den Allobrogern gehört zu haben behaupten und entfachten großen Hass gegen jenen, bis dahin, dass einige Römische Ritter, die des Schutzes wegen mit Waffen um den Tempel der Concordia waren, dem aus dem Senat herausgehenden Caesar mit dem Schwert drohten, um ihren Eifer für die Republik deutliche zu machen, sei es durch die Größe der Gefahr, sei es aus Bewegung des Gemüts veranlasst.
[50] Während dies im Senat verhandelt wurde und während den Gesandten der Allobroger und Titus Volturcius, nachdem deren Aussage bewiesen worden ist, der Lohn zuerkannt wurde, wiegelten die Freigelassenen und wenige von den Klienten des Lentulus auf unterschiedlichen Wegen Handwerker und Sklaven auf, ins Dorf zu ihm zu entfliehen; teils suchten sie Führer der Mengen, die gewohnt waren mit Geld die Republik zu quälen. Cethegus aber erbat in Kühnheit durch Boten seine Familie und Freigelassenen, Auserlesene und Geübte, dass sie in einer Herde zusammengeschlossen mit Waffen zu ihm einbrechen sollen.
Als der Konsul erfuhr, dass dies bereitet werde, wurden Wachposten aufgestellt, wie es die Sache und die Zeit mahnte und es wurde der Senat zusammengerufen und man beratschlagte sich, was gefällt, dass mit diesen geschehe, die in Bewachung übergeben worden waren. Aber schon vorher hatte der Senat mehrheitlich geurteilt, dass diese gegen die Republik gehandelt hätten. Dann wurde Decimus Iunius Silanus als erster, weil er zu dieser Zeit designierter Konsul war, nach seiner Meinung gefragt und er entschied über die, die unter Bewachung gehalten werden, und außerdem über Lucius Cassius, Publius Furius, Publius Umbrenus und Quintus Annius, wenn sie gefangen würden, die Todesstrafe zu vollziehen; und später sagte er durch die Rede Gaius Caesars bewegt, dass er mit den Füßen der Meinung Tiberius Neros folgen werde, der meinte, dass über diese Sache verhandelt werden müsse, nachdem die Wachen verstärkt worden sind. Aber Caesar, sobald man zu ihm gekommen war, sagte vom Konsul nach seiner Meinung gefragt Worte dieser Art:
[51] „Alle Menschen, Senatoren, die über Zweifel beraten, müssen von Hass und Freundschaft, Zorn und Mitleid frei sein. Nicht leicht sieht man den Geist wahrhaftig, sobald jene in den Weg treten, und nicht irgendeiner aller gehorchte der Lust und zugleich dem Nutzen. Sobald man den Geist anspannt, ist er stark; wenn man Lust besitzt, herrscht diese, der Geist zählt nichts. Ich habe die Erinnerung an eine große Menge Situationen, Senatoren, die Könige und Völker aus Zorn oder Mitleid bewegt schlecht beraten haben; aber ich will lieber die nennen, die unsere Vorfahren gegen die Lust ihres Geistes richtig und in Ordnung gemacht haben. Im Makedonischen Krieg, den wir gegen Perseus geführt haben, war die große und glanzvolle Bürgerschaft der Rhodier, die durch die Mühe des Römischen Volkes gewachsen war, uns gegenüber untreu und feindlich; aber nachdem der Krieg beendet worden war und über die Rhodier beraten wurde, ließen unsere Vorfahren diese unbestraft, damit nicht irgendeiner sagen würde, dass der Krieg mehr des Reichtums wegen als aus Unrecht begonnen wurde. Ebenso taten sie in allen Punischen Kriegen niemals durch eine Gelegenheit solches, obwohl die Karthager sowohl im Frieden als auch während eines Waffenstillstandes gottlose Schandtaten betrieben hatten: Sie fragten mehr, was ihnen würdig sei als was mit Recht gegen jene geschehen könnte. Dafür müsst ihr ebenfalls sorgen, Senatoren, dass das Verbrechen des Publius Lentulus und der Übrigen nicht mehr bei euch zählt als eure Würde und dass ihr mehr euren Zorn als euren Ruhm befragt. Denn wenn eine würdige Strafe für die Taten gefunden wird, billige ich einen neuen Beschluss; wenn aber die Größe des Verbrechens den Geist aller übersteigt, bin ich der Meinung das zu nutzen, was durch die Gesetze geboten wurde.
Die meisten derer, die vor mir ihre Meinungen gesagt haben wohlgeordnet und großartig den Unglücksfall der Republik beklagt. Sie haben aufgezählt, was die Wildheit des Krieges gewesen wäre, was den Besiegten zustoßen würde: Dass Jungfrauen und Jungen geraubt werden, Kinder aus den Armen der Eltern gerissen werden, Hausmütter dulden, was den Siegern behagt, dass Tempel und Häuser geplündert werden, Mord und Brandstiftung geschehe, schließlich alles mit Waffen und Leichen, Blut und Trauer erfüllt werde. Aber, bei den unsterblichen Göttern, worauf bezieht sich jene Rede? Etwa, dass die Verschwörer euch feindselig machen? Selbstverständlich wird die Rede den entflammen, den eine so große und so grässliche Sache nicht bewegt! Es ist nicht so und kein Sterblicher scheint sein Unrecht als klein anzusehen: Viele halten dies für ernster als gerecht. Aber der eine ist dem anderen gegenüber frei, Senatoren. Wenige, die herabgelassen im Dunkeln ihr Leben haben, wissen, wenn sie irgendetwas aus Zorn begehen; der Ruf und das Schicksal derer sind gleich. Alle Sterblichen kennen die Taten derer, die mit großer Macht begabt in der Höhe das Leben verbringen. So gilt die Freiheit im höchsten Glück am wenigsten: weder eifern noch hassen, aber am wenigsten zürnen gehört sich; was bei diesen Hass genannt wird, das wird in der Herrschaft Übermut und Grausamkeit genannt. Ich jedoch halte es so, Senatoren, dass alle Qualen geringer als deren Schandtaten seien. Aber die meisten Sterblichen denken nur an das letzte und vergessen bei gottlosen Menschen deren Verbrechen und setzen sich nur mit der Strafe auseinander, wenn diese nur ein wenig strenger war.
Ich weiß gewiss, dass Decimus Silanus, ein tapferer und tüchtiger Mann, das, was er gesagt hat, aus Eifer für die Republik gesagt hat und jener in einer solch großen Sache nicht Beliebtheit oder Feindschaft übe: Ich kenne den Charakter und das Maß des Mannes. Aber seine Meinung scheint mir nicht grausam – was nämlich kann grausam gegen solche Menschen gemacht werden? – aber fremd von unserer Republik. Denn gewiss bezwang dich, Silanus, entweder Furcht oder Unrecht, als künftiger Konsul eine neue Art der Strafe zu beschließen. Über Angst zu erörtern ist überflüssig, weil besonders durch die Sorgfalt des höchstgeachteten Konsuls eine so große Schutztruppe in Waffen steht. Über die Strafe kann ich jedenfalls sagen, was diese Sache hat, dass der Tod in Trauer und Elend eine Ruhe von Mühsal, keine Qual sei, dass er alles Schlechte von den Sterblichen löst, jenseits weder Sorge noch Freude ein Platz ist. Aber, bei den unsterblichen Göttern, weswegen hast du deiner Meinung nicht hinzugefügt, dass man diese vorher mit Schlägen bestraft? Etwa weil das Porcische Gesetz es verbietet? Aber andere Gesetze befehlen ja ebenso, verurteilten Bürger nicht den Geist zu entreißen, sondern ins Exil zu schicken. Etwa geschlagen werden schwieriger ist als getötet zu werden? Was aber ist heftig oder allzu schwer gegen Menschen, die solcher Untaten überführt wurden? Wenn es aber leichter ist, wie kommt es zusammen bei der kleineren Aufgabe vor dem Gesetz zu scheuen, wenn man es beim größeren nicht beachtet hat?
Aber wer wird nämlich tadeln, was gegen Verräter der Republik beschlossen wird? Die Zeit, der Tag, das Schicksal, mit dessen Lust Völker gelenkt werden. Jenen wird mit Recht zugefügt, was auch immer herauskommen mag; ihr bedenkt übrigens, Senatoren, was gegen andere beschlossen wird. Alle schlechten Beispiele sind aus guten Dingen entstanden. Aber sobald die Herrschaft an derer Unkundige oder weniger Rechtschaffene gelangt, wird jenes neue Beispiel von Würdigen und Geeigneten auf Unwürdige und nicht Geeignete übertragen. Die Lakedaimonier setzten, nachdem die Athener besiegt worden waren, dreißig Leute ein, die deren Staat behandelten. Diese begannen zuerst die Schlechtesten und die, die allen verhasst waren, unverurteilt zu töten: Darüber freute sich das Volk und sagte, es sei mit Recht geschehen. Danach, sobald allmählich die Willkür wuchs, töteten sie auf gleiche Weise nach Laune Gute und Schlechte, die Übrigen versetzten sie durch Furch in Schrecken: So gab die Bürgerschaft durch Versklavung unterdrückt die schwere Strafe der dummen Freude. In unserer Erinnerung befahl der Sieger Sulla dem Damasippus und anderen seiner Art, die durch das Unglück der Republik gewachsen waren, die Kehle durchzuschneiden, wer lobte nicht dessen Tat? Sie sagen, dass die verbrecherischen und schändlichen Menschen, die die Republik mit einem Aufstand aufgescheucht hatten, zurecht getötet wurden. Aber diese Sache war der Beginn der großen Niederlage. Denn sobald jemand das Haus oder das Landgut, schließlich das Gefäß oder das Kleid irgendeines begehrte, gab er sich Mühe, dass der bei der Zahl der Geächteten war. So wurden jene, denen der Tod des Damasippus zur Freude gereichte ein wenig später selbst hinzugezogen und es war nicht eher ein Ende des Schlachtens, bis Sulla alle seine Leute mit Reichtum ausgefüllt hatte. Aber ich fürchte dieses nicht bei Marcus Tullius und nicht in dieser Zeit, aber in einer großen Bürgerschaft gibt es viele und unterschiedliche Geister. Zu einer anderen Zeit, mit einem anderen Konsul, dem ebenso ein Heer in der Hand ist, kann irgendetwas Falsches für wahr gehalten werden. Sobald der Konsul auf Senatsbeschluss in diesem Beispiel das Schwert zieht, wer wird jenem die Grenzen festsetzen oder wer wird ihn mäßigen?
Unsere Vorfahren, Senatoren, brauchten niemals Rat oder Wagemut; und Stolz hinderte jene nicht, dass sie fremde Einrichtungen, wenn sie nur billig waren, nachzuahmen. Militärische Waffen und Geschosse nahmen sie von den Samniten, die meisten Zeichen der Beamten von den Etruskern; schließlich, was und wo bei den Genossen oder Feinden geeignet schien, führten sie mit höchstem Eifer auch zu Hause aus: Sie wollten lieber das Gute nachahmen als missgönnen. Aber zu eben jener Zeit bestraften sie, die griechischen Sitten nachahmend, mit Schlägen die Bürger, verhängte über Verurteilte die höchste Todesstrafe. Nachdem die Republik heranwuchs und durch die Menge der Bürger die Parteien erstarkten und man begann Unschuldige zu umzingeln und anderes dieser Art gemacht wurde, da wurden das Porcische Gesetz und andere Gesetze bereitet und durch diese Gesetze wurde den Verurteilten das Exil erlaubt. Dieses halte ich, Senatoren, zuallererst für den größten Grund, dass wir keinen neuen Beschluss ergreifen. Tatsächlich hatten jene, die aus geringen Mitteln ein so großes Reich machten, größere Tugend und Weisheit als wir, die wir das dieses gut hervorgebrachte kaum halten.
Gefällt es also, dass diese entlassen werden und das Heer des Catilina verstärken? Durchaus nicht. Aber ich beantrage es so: Das Vermögen derer muss konfisziert werden, sie selbst sind in Fesseln zu halten in den Landstädten, die die meisten Mittel zur Verfügung haben und dass niemand über diese später beim Senat beantragt oder mit dem Volk verhandelt; wer anders handelt, den soll man gegen die Republik und das Allgemeinwohl handelnd einschätzen.“
[52] Nachdem Caesar ein Ende des Redens machte, stimmten die Übrigen verschieden mit einem Wort der eine dem anderen zu. Aber nach seiner Meinung gefragt hielt Marcus Porcius Cato eine Rede dieser Art:
„Meine Meinung ist ganz anders, Senatoren, wenn ich die Sache und unsere Gefahr betrachte und wenn ich die Meinungen einiger selbst bei mir bedenke. Jene scheinen sich mir mit der Strafe derer auseinandergesetzt zu haben, die gegen das Vaterland und Eltern, Altar und ihren Herd Krieg bereiten; die Sache aber mahnt uns, uns mehr vor jenen zu hüten als zu beraten, was wir gegen jene beschließen. Denn die übrigen Verbrechen mag man dann verfolgen, sobald sie geschehen sind; wenn man dies nicht verhindert haben wird, dass es passiert, sobald es passiert ist, fleht man die Gerichte vergeblich an: Nachdem die Stadt erobert worden ist, wird nichts von den Besiegten übrig sein. Aber, bei den unsterblichen Göttern, ich rufe euch auf, die ihr immer Häuser und Landgüter, Zeichen und eure Tafeln mehr als die Republik schätztet: Wenn ihr dies, von welcher Art es auch immer sein mag, was ihr liebevoll umarmt, retten wollt, wenn ihr mit euren Gelüsten Muße wahren wollt, wacht irgendwann auf und ergreift die Republik. Es wird nicht über Steuereinnahmen verhandelt und nicht über Unrecht der Bundesgenossen: Die Freiheit und unser Leben ist im Zweifel.
Oftmals, Senatoren, habe ich mit vielen Worten in diesem Stand gesprochen, oft über Verschwendung und Habgier unserer Bürger geklagt, und aus diesem Grund habe ich viele Menschen als Feinde. Ich, der ich mir und meinem Herzen nie irgendein Vergehen angenehm gemacht habe, hat nicht leicht die schlechten Taten der Begierde eines anderen verziehen. Aber obwohl ihr dieses wenig abwägtet, war die Republik dennoch stark, der Reichtum ertrug die Nachlässigkeit. Jetzt aber wird nicht das verhandelt, ob wir mit guten oder schlechten Sitten leben, auch nicht wie groß oder welch großartiges Reich dem Römischen Volk sei, sondern ob dies, welcher Art es auch zu sein scheint, uns oder mit uns gemeinsam den Feinden gehören soll. Hier nennt mir irgendeiner Barmherzigkeit und Mitleid? Schon vor langer Zeit jedenfalls haben wir die wahre Benennung der Dinge verloren: Weil fremde Güter zu verschenken Freiheit, Waghalsigkeit in schlechten Dingen Tapferkeit genannt wird, dadurch ist die Republik am äußersten Rand gelegen. Mögen sie gewiss, weil sich die Sitten ja so verhalten, freigiebig beim Eigentum der Bundesgenossen sein, sollen sie mitleidig gegen Diebe des Staatsschatzes sein: Nicht sollen jene unser Blut verschenken und, während sie wenige Ruchlose schonen, alle Guten ins Verderben stürzen.
Gut und wohlgeordnet hat Gaius Caesar ein wenig vorher in dieser Versammlung über Leben und Tod erörtert, ich glaube weil er das, was über die Unterwelt erzählt wird, für falsch hält, dass die Schlechten von den Guten auf entgegengesetztem Weg einen hässlichen, unbebauten, scheußlichen und furchterregenden Platz haben. Daher meinte er, dass das Geld derer konfisziert werden müsse und sie selbst in Landstädten in Bewachung gehalten werden müssen, offenbar fürchtend, dass, wenn sie in Rom seien, sie entweder von den völkischen Verschwörern oder von einer angeworbenen Menge gewaltsam befreit werden; als ob aber Schlechte und Verbrecher nur in der Stadt und nicht in ganz Italien seien, oder Waghalsigkeit kann nicht dort mehr, wo die Mittel zum Verteidigen geringer sind. Und deshalb ist dieser Rat jedenfalls töricht, wenn er sich vor jenen Gefahren fürchtet; wenn er sich bei so großer Sorge allein nicht fürchtet, liegt es an mir, dass ich mich umso mehr auch um euch fürchte. Deshalb seid versichert, dass ihr, wenn ihr über Publius Lentulus und die übrigen abstimmt, zugleich über Catilinas Heer und über alle Verschwörer entscheidet. Wie aufmerksam ihr das tut, umso schwächer wird der Mut für jene sein; wenn sie sehen, dass ihr nur ein wenig lasch seid, werden sie alle sofort wild da sein.
Glaubt nicht, dass unsere Vorfahren durch Waffen die Republik aus einer kleinen groß gemacht haben. Wenn es so wäre, würden wir sie auf wunderschönste Art haben, freilich an Bundesgenossen und Bürgern, außerdem an Waffen und Pferden ist unsere Menge größer als jene. Aber es waren andere Dinge, die jene groß gemacht haben, die bei uns nicht sind: zu Hause Fleiß, draußen gerechte Herrschaft, ein freier und nicht durch Vergehen noch durch Lust schuldiger Geist in der Beratung. Dafür haben wir Verschwendung und Habsucht, öffentliche Armut, privaten Reichtum; wir loben den Reichtum, folgen der Ungeschicklichkeit; zwischen den Guten und den Schlechten ist kein Unterschied; die Ämterbewerbung besitzt jeden Lohn der Tugend. Und es ist nicht verwunderlich: Sobald ihr jeder für sich eine getrennten Beschluss fasst, sobald ihr zu Hause dem Vergnügen, hier dem Geld und dem Ansehen dient, dadurch geschieht es, dass ein Angriff gegen die leere Republik geschieht.
Aber ich lasse dies aus. Sehr adlige Bürger haben sich verschworen, das Vaterland anzuzünden, sie haben das gegenüber dem, was Römisch genannt wird, sehr feindselige Volk der Gallier herbeigeholt, der Führer der Feinde ist mit einem Heer vor unserer Stadt: Ihr zögert sogar jetzt und zweifelt, was ihr mit den innerhalb der Mauern ergriffenen Feinden macht? Ich meine ihr sollt euch erbarmen – junge Menschen haben sich durch Ehrgeiz vergangen – und entlass sie sogar bewaffnet: damit sich nicht durch diese eure Barmherzigkeit und euer Mitleid, wenn jene die Waffen ergreifen, in Not verkehrt. Selbstverständlich ist die Sache rau, aber ihr fürchtet sie nicht. Im Gegenteil, am meisten; aber ihr zaudert aus Ungeschicklichkeit und Geschmeidigkeit des Geistes, indem der eine den anderen erwartet, offenbar auf die unsterblichen Götter vertrauend, die diese Republik in größten Gefahren bewahrt haben. Weder durch Gelübde noch durch Weibergebete verschafft man sich die Hilfe der Götter: Durch Wachen, Handeln, gut Beratschlagen geht alles günstig aus. Sobald du dich der Geistesschwäche und Trägheit hingegeben hast, flehst du die Götter vergeblich an.
Bei unseren Vorfahren befahl Titus Manlius Torquatus im Gallischen Krieg, seinen Sohn zu töten, weil er entgegen dem Befehl gegen einen Feind gekämpft hatte. Und jener herausragende junge Mann büßte für seine unangemessene Tapferkeit mit dem Tod: Ihr tögert, was ihr über die grausamsten Verräter beschließen sollt? Offenbar steht das übrige Leben derer diesem Verbrechen im Wege. Wahrlich, schont die Würde des Lentulus, wenn er selbst auf seine Schamhaftigkeit, wenn er auf seinen Ruf, wenn er auf Götter oder Menschen jemals irgendeine Rücksicht genommen hat; verzeiht die Jugend des Cethegus, wenn er nicht zum zweiten Mal einen Vaterlandskrieg macht. Denn was soll ich über Statilius, Gabinius und Caeparius sagen? Wenn sie jemals irgendeine Aufgabe gehabt hätten, hätten sie nicht diese Pläne über die Republik gehabt. Schließlich, Senatoren, würde ich es mir leicht gefallen lassen, euch selbst durch die Sache zu berichtigen, wenn es beim Herkules der rechte Ort wäre, einen Fehler zu machen, weil ihr ja die Worte verachtet. Aber wir sind von allen Seiten umzingelt. Catilina geht uns mit dem Heer an die Gurgel; andere Feinde sind innerhalb der Mauern und im Herzen der Stadt, weder kann irgendetwas heimlich bereitet noch beschlossen werden: Um so mehr muss geeilt werden.
Deshalb meine ich so: Weil durch den gottlosen Plan der verbrecherischen Bürger die Republik in größte Gefahr gekommen ist und diese durch da Geständnis des Titus Volturcius und der Gesandten der Allobroger überführt wurden und geständig sind, dass sie Mord, Brand und andere schreckliche und grausame Untaten gegen die Bürger und das Vaterland bereitet haben, muss über die, die gestanden haben, sowie über die, die bei Kapitalverbrechen ertappt worden sind, nach Sitte der Vorfahren die Todesstrafe vollzogen werden.“
[53] Nachdem Cato sich hingesetzt hatte, loben alle Konsulare und ebenso der große Teil des Senats seine Meinung, heben die Tapferkeit des Geistes zum Himmel und die einen schelten die anderen und nennen sie Feiglinge. Cato wird für glänzend und groß gehalten; der Beschluss des Senats geschah so wie es jener gemeint hatte.
Aber ich habe viel gelesen und viel gehört, welche ruhmreichen Taten das Römische Volk in Frieden und Krieg, zu Wasser und zu Lande gemacht hat, zufällig beliebt es zu betrachten, welche Dinge die so großen Aufgaben am meisten aushielten. Ich wusste, dass es oftmals mit einer geringen Schar gegen große Legionen gekämpft hatte; es war mir bekannt, dass mit kleinen Mitteln gegen mächtige Könige Krieg geführt worden war, dazu, dass es oft die Gewalt des Schicksals ertragen hatte, dass die Griechen bei der Redegabe, die Gallier im Kriegsruhm vor den Römern gewesen sind. Aber für mich vieles treibenden stand fest, dass die außergewöhnliche Tugend weniger Bürger alles vollbracht hatte, dass es dadurch gemacht wurde, dass Armut Reichtum und die Wenigen die Menge überwanden. Aber nachdem durch Verschwendung und Untätigkeit die Bürgerschaft verdorben wurde, hielt die Republik wieder durch die Größe den Fehlern ihrer Feldherren und Beamten stand und, sowie die (Größe) der Eltern erschöpft war, gabe es für eine lange Zeit nicht wirklich irgendeinen Großen mit Tugend in Rom. Aber in meiner Erinnerung waren zwei Männer von ungeheurer Tugend und gegensätzlichem Charakter, Marcus Cato und Gaius Caesar. Weil die Sache diese angeboten hatte, war es nicht der Plan, mit Schweigen vorüberzugehen, ja sogar die Natur und den Charakter beider zu öffnen, wie sehr es die Begabung kann.
[54] Abstammung, Alter und Beredsamkeit waren diesen also nahezu gleich, die Größe des Herzens war gleich, ebenso der Ruhm, aber auf andere Art. Caesar wurde durch Wohltaten und Freigiebigkeit für groß gehalten, Cato durch die Unbescholtenheit des Lebens. Jener wurde berühmt gemacht durch Zahheit und Mitleid, diesem wurden Würde zur Strenge hinzugefügt. Caesar erlangte Ruhm durch Geben, Helfen und Verzeihen, Cato dadurch, dass er nichts schenkte. Den Armen war bei dem einen ein Zufluchtsort, den Schlechten bei dem Anderen das Verderben. Man lobte die Leichtigkeit jenes und die Beständigkeit dessen. Schließlich hatte es Caesar im Sinn geführt zu arbeiten und zu wachen; er vernachlässigte seine eigene Anstrengung für die Aufgaben der Freunde, nichts schlug er aus, was einem Geschenk würdig gewesen wäre; er erhoffte sich eine große Herrschaft, ein Heer einen neuen Krieg, in dem die Tugend hervorleuchten konnte. Aber die Bemühung Catos war Mäßigung, Anstand, aber am meisten Strenge; er stritt weder mit den Reichen um Reichtum, noch mit dem Parteimann um Parteilichkeit, sondern mit dem Strengen um Tüchtigkeit, mit dem Mäßigen um Scham, mit dem Unschuldigen um Enthaltsamkeit; er wollte lieber gut sein als scheinen: so folgte jenem der Ruhm umso mehr, je weniger er ihn erstrebte.
[55] Nachdem, wie ich gesagt habe, der Senat in Catos Meinung auseinandergegangen ist, glaubt der Konsul am besten so zu handeln, dass die Nacht, die bevorstand, vorweggenommen werde, damit nicht irgendwas in diesem Zeitraum erneuert würde und er befiehlt den Triumvirn zu bereiten, was die Hinrichtung erforderte. Er selbst führte, nachdem Wachposten an verschiedenen Orten verteilt worden waren, Lentulus ins Gefängnis; dasselbe geschah mit den Übrigen durch die Praetoren. Es ist ein Ort im Gefängnis, der Tullianum genannt wird, sobald man ein wenig nach links hinaufgeht, der ungefähr zwanzig Fuß in die Erde eingelassen ist; die Wände sind von allen Seiten befestigt und oben drauf ist ein gewölbter Bogen aus Stein zusammengefügt; aber das Äußere ist durch Verwahrlosung, Finsternis und Geruch abscheulich und schauderhaft. Nachdem Lentulus in diesen Raum hinabgelassen worden war, schnürten die Henker des Kapitalverbrechens, denen es befohlen war, die Kehle mit einem Strick ab. So fand jener, ein Patrizier aus dem sehr berühmten Geschlecht der Cornelier, der in Rom die konsularische Herrschaft hatte, ein durch seine Sitten und Taten würdiges Ende des Lebens. An Cethegus, Statilius, Gabinius und Caeparius wurde die Todesstrafe auf gleiche Weise vollzogen.
[56] Während dies in Rom ausgeführt wurde, bestimmte Catilina aus der ganzen Menge, die sowohl er selbst herbeigeführt hatte, als auch Manlius hatte, zwei Legionen, und füllt die Kohorten mit einer Zahl Soldaten. Dann sobald irgendwelche Freiwilligen oder von den Gefährten ins Lager gekommen waren, hatte er sie gleichmäßig verteilt und in kurzer Zeit die Legionen mit einer Zahl Männer aufgefüllt, die zu Beginn nicht mehr als zweitausend zählte. Aber von der ganzen Menge war ungefähr ein Viertel mit Kriegswaffen ausgerüstet: die Übrigen trugen, wie der Zufall jeden bewaffnet hatte, Speere oder Lanzen, andere vorn zugespitzte Pfähle. Aber nachdem Antonius mit dem Heer anrückte, marschierte Catilina durch die Berge, bald zur Stadt, bald bewegte er das Lager nach Gallien hin und gab den Feinden keine Gelegenheit zum Kämpfen: Er hoffte, dass er demnächst eine große Truppe haben werde, wenn die Gefährten in Rom die Vorhaben vollbracht hätten. Inzwischen wies er Sklaven zurück, derer große Menge zu Beginn bei ihm zusammenlief, im Vertrauen auf die Mittel der Verschwörung und zugleich glaubend, dass es seiner Vernunft fremd scheine, dass er gemeinsame Sache mit entflohenen Sklaven bezüglich des Interesses der Bürger gemacht habe.
[57] Aber nachdem die Botschaft in das Lager gekommen war, dass die Verschwörung aufgedeckt worden sei und an Lentulus, Cethegus und den Übrigen, die ich oben erwähnt habe, die Todesstrafe vollzogen worden sei, zerstreuten sich die meisten, die die Hoffnung auf Raub oder der Eifer einer neuen Sache zum Krieg angelockt hatte; die übrig gebliebenen führt Catilina über raue Gebirge mit großen Märschen in das Gebiet von Pistoria, mit dem Plan, dass er über Querwege heimlich ins jenseitige Gallien fliehen konnte. Aber Quintus Metellus Celer schützte mit drei Legionen das Picenische Feld, aus Schwierigkeit jener Sache glaubend, dass Catilina dasselbe mache, was ich oben gesagt habe. Also bewegte er, sobald er dessen Weg von Überläufern erfuhr, das Lager in die Nähe und setzte sich selbst an den Fuß der Berge, wo jener nach Gallien eilend hinabgestiegen war. Dennoch war Antonius nicht weit weg, der nämlich mit dem großen Heer in ebeneren Gebieten ungehindert die auf der Flucht befindlichen verfolgte. Aber Catilina, nachdem er sah, dass er von Berge und Truppen der Feinde eingeschlossen war, dass die Situation in der Stadt gegen ihn gewendet hatte und es keine Hoffnung auf Flucht oder Schutz gab, hielt es für am besten zu tun in einer solchen Situation das Glück des Krieges zu versuchen und beschloss sobald wie möglich mit Antonius zu kämpfen. Deshalb hielt er eine Rede dieser Art, nachdem eine Versammlung zusammengerufen worden war:
[58] „Ich habe erfahren, Soldaten, dass Worte keine Tapferkeit einflößen, und durch die Rede des Feldherren wird das Heer weder aus Feigheit kräftig noch aus Angst stark. Wie viel Kühnheit von Natur aus oder aus dem Charakter in den Herzen derer ist, so viel pflegt sich im Krieg zu zeigen. Wen weder Ruhm noch Gefahr reizt, ermahnt man vergeblich: Die Angst des Herzens tritt den Ohren in den Weg. Aber ich habe euch gerufen, um euch ein wenig zu ermahnen, zugleich damit ich den Grund meines Beschlusses eröffne.
„Ihr wisst jedenfalls, Soldaten, welch große Niederlage die Sorglosigkeit und Feigheit des Lentulus ihm selbst und uns zugefügt hat, auch wie ich, während ich aus der Stadt Schutz erwartete, nicht nach Gallien aufbrechen konnte. Jetzt aber erkennt ihr alle nahe bei mir, an welchem Punkt unsere Lage ist. Zwei Heere der Feinde stehen uns im Weg, eines von der Stadt, das andere von Gallien; länger in dieser Gegend zu sein verbietet, wenn das Herz es auch am meisten wünscht, der Mangel an Getreide und anderen Dingen. Wohin auch immer es zu gehen gefällt, der Weg muss mit Eisen geöffnet werden. Daher ermahne ich euch, dass ihr ein starkes und bereites Herz habt und, wenn ihr in die Schlacht geht, ihr daran denkt, dass ihr Reichtum, Auszeichnung, Ruhm und außerdem Freiheit und das Vaterland in euren Händen haltet. Wenn wir siegen, wird uns alles sicher sein: Proviant im Überfluss, Landstädte und Kolonien werden offen stehen. Wenn wir aus Furcht weichen, wird jenes selbe entgegengesetzt sein: kein Ort, kein Freund wird den schützen, den nicht die Waffen geschützt haben werden. Außerdem, Soldaten, steht uns und jenen nicht dieselbe Notwendigkeit drohend bevor: Wir kämpfen für das Vaterland, für die Freiheit, für das Leben, für jene ist es überflüssig, für die Macht weniger zu kämpfen. Greift umso wagemutiger an, euch eurer alten Tapferkeit erinnernd. Es war euch erlaubt mit höchster Schande in der Verbannung das Leben zu führen, einige von euch konnten in Rom, nachdem die Güter verloren worden waren, fremde Hilfsmittel erwarten: Weil jenes schändlich und unerträglich für Männer scheint, habt ihr beschlossen, diesen Dingen zu folgen. Wenn ihr diese verlassen wollt, ist Wagemut nötig: Niemand, wenn nicht der Sieger, verwechselt Krieg mit Frieden. Denn in der Flucht die Rettung zu hoffen, wenn man die Waffen, durch die der Körper geschützt wird, von den Feinden abwendet, das aber ist Wahnsinn. Immer ist die größte Gefahr in der Schlacht bei denen, die sich am meisten fürchten: Wagemut wird für eine Schutzmauer gehalten.
Wenn ich euch betrachte, Soldaten, und wenn ich eure Taten einschätze, hält mich große Hoffnung des Sieges. Euer Mut, Alter und Tapferkeit treibt mich an, außerdem die Notwendigkeit, die auch Ängstliche tapfer macht. Denn das uns die Menge der Feinde umzingelt kann nicht die Enge des Ortes verhindern. Wenn aber das Schicksal unserer Tapferkeit missgünstig ist, hütet euch davor dass ihr den Geist ungerächt verliert, und dass ihr nicht als Gefangene lieber so wie Vieh abgeschlachtet werdet als nach Sitte der Männer kämpfend den Feinden einen grausamen und tränenreichen Sieg hinterlasst.“
[59] Sobald er dies gesagt hat, befahl er ein wenig verweilend die Zeichen zu spielen und führt die aufgestellten Reihen in den ebenen Ort hinab. Dann, nachdem die Pferde aller weggebracht worden waren, damit die Gefahr für die Soldaten gleich und der Mut besser sei, stellte er selbst zu Fuß das Heer für das Gelände und die Truppen auf. Denn weil die Ebene zwischen linken Bergen und von rechts mit einem rauen Fels versehen war, stellte er acht Kohorten an der Front auf, die Feldzeichen der Übrigen stellte er als Reserve enger zusammen auf. Von diesen zog er alle auserlesenen und herbeigerufene Zenturionen, außerdem aus den gemeinen Soldaten die besten, die bewaffnet waren, in die erste Schlachtreihe. Er befiehlt Gaius Manlius auf die rechte Seite, einem gewissen Faesulaner, für den linken Teil zu sorgen; er selbst stand mit den Freigelassenen und Siedlern wegen des Adlers, von dem man sagte, dass Gaius Marius ihn im Krieg gegen die Kimbern im Heer gehabt habe. Aber auf der anderen Seite übergibt Gaius Antonius, weil er krank am Fuß nicht bei der Schlacht dabei sein konnte, dem Legaten Marcus Petreius das Heer. Jener stellte die Veteranenkohorten, die er der Unruhe wegen ausgehoben hatte, an die Front, hinter diese das übrige Heer als reserve. Er selbst ruft mit dem Pferd umhergehend jeden einzelnen namentlich an, ermahnt, bittet, dass sie sich erinnern, dass sie gegen unbewaffnete Räuber für das Vaterland, für ihre Kinder, Altäre und Herde kämpfen. Als Kriegsmann kannte er die meisten und die tapferen Taten derer, weil er mehr als dreißig Jahre als Tribun, Präfekt, Legat oder Praetor mit großem Ruhm im Heer gewesen war: Durch dieses Erinnern entflammte er den Geist der Soldaten.
[60] Aber sobald Petreius, nachdem alle Dinge ausgekundschaftet worden sind, mit der Trompete das Zeichen gab, befahl er den Kohorten allmählich vorzurücken. Dasselbe macht das Heer der Feinde. Nachdem man dort hingekommen ist, wo von den Wurfschützen die Schlacht begonnen werden konnte, liefen sie mit großem Geschrei mit feindseligen Zeichen ineinander; sie lassen die Wurfspieße fallen und führen die Sache mit dem Schwert aus. Die Veteranen setzten sich ihrer alten Tapferkeit erinnernd im Nahkampf heftig zu; jene leisteten nicht ängstlich Widerstand: es wurde mit größter Kraft gekämpft. Inzwischen hielt sich Catilina mit Leichtbewaffneten in der ersten Schlachtreihe auf, eilte den Bemühten zu Hilfe, holte Unverletzte für die Verwundeten herbei, sorgte für alles, kämpfte selbst viel, erschlug oft einen Feind: Er führte zugleich die Aufgaben eines kräftigen Soldaten und eines guten Feldherren aus. Sobald Petreius Catilina entgegen aller Berechnung mit großer Kraft kämpfen sah, führte er die Garde in die Mitte der Feinde, bringt diese durcheinander und tötet andere, die anderswo Widerstand leisteten; dann greift er die übrigen von beiden Seiten an. Manlius und der Faesulaner fallen als erste Kämpfende. Catilina, nachdem er sah, dass die Truppen hingestreckt waren und er mit wenigen übrig war, rennt sich seiner Abstammung und seiner früheren Würde erinnernd in die sehr dichtgedrängten Feinde und wird dort kämpfend vernichtet.
[61] Aber nachdem die Schlacht beendet worden war, dann aber sah man, wie groß der Wagemut und die Kraft des Geistes im Heer des Catilinas gewesen ist. Denn fast jeder, der lebend beim Kämpfen einen Ort eingenommen hatte, bedeckte ihn, nachdem das Leben verloren worden war, mit dem Körper. Wenige jedoch, die die Garde in der Mitte zerstört hatte, waren ein wenig verstreut, aber alle waren dennoch verwundet umgefallen. Catilina aber wurde weit von seinen zwischen den feindlichen Leichen gefunden, sogar ein wenig atmend und er hatte den wilden Mut des Geistes, den er lebend im Gesicht hielt. Schließlich ist aus der ganzen Menge weder in der Schlacht noch auf der Flucht irgendein freigeborenen Bürger gefangen worden: So hatten alle das eigene Leben und das der Feinde gleich daneben geschont. Dennoch hat das Heer des Römischen Volkes keinen freudigen oder unblutigen Sieg errungen; denn jeder Kräftigste war entweder in der Schlacht getötet oder war schwer verwundert weggegangen. Viele aber, die aus dem Lager der Schaulust oder des Raubens wegen herbeikamen, fanden, als sie die Leichen der Feinde umwälzten, teils einen Freund, teils einen Feind oder einen Verwandten; ebenso gab es welche, die ihre Feinde erkannten. So wurden im ganzen Heer verschieden Freude und Gram, Trauer und Jubel betrieben.